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Marko Reus / Osteitis pubis (OP) Schambeinentzündung

Marko Reus / Osteitis pubis (OP) Schambeinentzündung

Ob M. Reus an einer OP leidet, weiß ich nicht sicher, er ist kein Patient von mir. Aber alles, was darüber berichtet wurde, deutet darauf hin. Übrigens hat vor Jahren bereits M. Götze an derselben Erkrankung lange gelitten.
Was ist nun eine OP? Es beginnt mit Leistenschmerzen bei Stop-and-Go Sportarten. Schnell wird ein Problem der Adduktoren diagnostiziert und eine entsprechend physiotherapeutische Behandlung, entzündungshemmende Substanzen und Sportkarenz verordnet. Richtig!
Wenn sich aber die Beschwerden eher verschlimmern, ist ein MRT notwendig.
An dieser Stelle schnell noch einmal zur Klärung: MRT (Magnet Resonanz Tomogramm im Deutschen), MRI (Magnetic Resonance Imaging im Englischen) und KST (Kernspintomogramm) sind dasselbe.
Dort kann man nun eine Ansammlung von Körperflüssigkeit (gemeinhin Wasser, ist aber falsch) im Knochen erkennen. Meist ist es das Schambein, oder ein spezieller Teil davon, nämlich die Symphyse (das ist dort, wo sich die beiden Schambeine gegenüberstehen, also die Schambeinfuge). Sie ist der Ausdruck einer chronischen, nicht infektiösen Entzündung durch starke, repetitive Überlastung der Oberschenkel-Adduktoren (manchmal auch der Bauchmuskulatur).
Die Flüssigkeitsansammlung nennt man auch bone bruise und wenn Ärzte diese Diagnose stellen ist  monatelange Sportpause angesagt. Nach meiner Erfahrung sind 6 Monate eher eine wohlwollende Prognose, manchmal auch nur, um den Sportler nicht gleich völlig zu desillusionieren.
Sportler, die sich bei ihrem Arzt gut aufgehoben fühlen, machen erst einmal mit. Aber bereits vor Ablauf dieser Frist drängen sie auf MRT Kontrolle. Das ist völliger Unsinn. Studien haben gezeigt, dass das MRT noch 1–2 Jahre nach Erstdiagnose keine verlässliche Aussagen über die Krankheitsentwicklung erlaubt. Zwar gehen die Zeichen einer bone bruise zurück, aber das Krankheitsbild und das Ausmaß der bone bruise korrelieren keinesfalls.
Was kann man tun, außer abwarten? Wenn, wie es häufig der Fall ist, das Kreuzdarmbeingelenk (ISG) mit betroffen ist, nützt chirotherapeutische Behandlung und Physiotherapie (hier besonders manuelle Therapie). Studien (zuletzt orthopädische Nachrichten 5/16) zufolge, ist der Einsatz von extrakorporaler Stoßwellentherapie (EKSW) hilfreich. Darüber hinaus kann die “off label use” Gabe von Bonviva als intravenöse Kurzinfusion alle 4 Wochen helfen (“off label use” heißt, dass das Präparat eigentlich nur zu einem anderen Zweck verwendet werden darf, in diesem Fall wird Bonviva zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt und hat auch nur dafür die Zulassung).
Vergleichsgruppen allein abwartender Patienten gegenüber Patienten, die wie beschrieben behandelt werden, zeigen ein deutlich früheres “return to play” der behandelten Patienten.

Ein persönlicher Hinweis mit fadem Beigeschmack: Kassenpatienten schauen in die Röhre.
Physiotherapie lässt sich für uns Kassenärzte nur im Rahmen unserer Budgets verordnen, da ist schnell Schluss. “Off label use” eines Medikaments übernehmen Ersatzkassen generell nicht und das gilt natürlich auch für die Behandlung mit EKSW.
Muss ich sagen, was ich davon halte?