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Hyaluron (H) in der Orthopädie, ein sehr langer Beitrag, der sich vielleicht lohnt…

Hyaluron (H) in der Orthopädie, ein sehr langer Beitrag, der sich vielleicht lohnt…

Der richtige und vollständige Name für dieses Präparat ist Hyaluronsäure, aber es wird oft einfach nur abgekürzt oder auch (weil es die chemische Bezeichnung ist und darauf hinweist, dass es sich eigentlich um ein Salz handelt) Hyalart genannt.  Alle 3 Begriffe sind synonym.
In den Ursprungsjahren wurde H aus Hahnenkämmen gewonnen. Es war also ein biologisches Präparat aus tierischem Eiweiß. Damals kamen allergische Reaktionen nach der Injektion vor.
Heutzutage wird H überwiegend rein chemisch hergestellt und ist frei von tierischen Eiweißen. Ich habe seit 15 Jahren keine Allergien mehr gesehen. 
H ist in der Bevölkerung am bekanntesten in Verbindung mit ästhetischen Verfahren in der Schönheitschirurgie. Dort werden mit H Falten unterspritzt. Außerdem wird H immer häufiger als Bestandteil von Salbe und Cremes verwendet.
H gibt es aber auch als Bestandteil von Nasensprays und Augentropfen, um Austrocknung der Schleim- oder Netzhaut zu verhindern. Dabei wird die besondere Fähigkeit von H benutzt, große Mengen Wasser binden zu können (bis zu 6 Liter pro Gramm).
In der Orthopädie kommt hinzu, dass H bereits ein natürlicher Bestandteil der Gelenkflüssigkeit (Synovia) aller Gelenke ist.  H gilt als hochviskos (Sie erinnern sich, mit dem Begriff Viskosität wird die Schmiereigenschaft von Motorölen beschrieben) und kann die hohen Schwerkräfte auffangen. Durch die hochmolekulare Struktur von H ist sie nicht einfach (wie Wasser) aus einem Gelenk herauspressbar und „haftet“ durch ihre chemische Oberfläche besonders gut am Knorpel von Gelenken.
Bei besonders starken Scherkräften (Springen) bildet H „Molekülknäuels“, die wie Kugellager das Gleitverhalten verbessern. Bei schnellen wiederkehrenden Bewegungen  (Joggen) verändert die sich H Viskosität und schmiert den Knorpel.
H Injektionen in verschlissene Kniegelenke (Arthrose) sind in der Orthopädie seit vielen Jahren Standard.
Es gibt aber sehr viele unterschiedliche Präparate, die für Patienten möglicherweise verwirrend sind.

Ich habe Ihnen einen kleinen Überblick über die zurzeit im Markt befindlichen Präparate zusammengestellt.
Wir unterscheiden 1-malige und bis zu 5-maligen Injektionen. Die verschiedenen H unterscheiden sich in ihrer molekularen Dichte (sie wird in Dalton angegeben) und im Preis.
Zurzeit findet sich eine vermehrte Anfrage nach einer 2 Kammer-Injektion namens RenehaVIS, die in den letzten Monaten in den Medien wiederholt erwähnt wurde.  Hier werden 2 H mit unterschiedlichen Dalton (1 Mio. und 2 Mio.) durch eine Nadel ins Knie injiziert und vermischen sich dann. Der Hersteller legt Wert darauf, dass sich trotz der Vermischung beide H in jeweils eigener, unterschiedlicher Weise im Knie wirken und begründet dies mit der Besonderheit der Molekularstruktur, ein Termin in meiner Praxis, bei dem er mir die genaue Wirkung darlegen wollte, hatte er versprochen, ist ihn mir aber schuldig geblieben. Der Preis hierfür liegt bei 239,98 € pro Doppelkammerspritze, die Injektionen sollen alle 6 Monate erfolgen.
Gar nur eine Spritze im Jahr soll bei Durolane reichen, hier soll die Dichte bei 1 Milliarde Dalton liegen und der Preis bei 138,97 €. 
Meine persönliche Erfahrung mit Durolane ist aber ernüchternd gewesen. Von den damit behandelten Patienten in den letzten 6 Jahren war nicht ein Einziger wirklich zufrieden, ich habe deshalb davon wieder Abstand genommen.
Die vielen H, die mit 5 Injektionen arbeiten und 1 x Woche injiziert werden, liegen alle bei etwa 1 Mio. Dalton und kosten knapp 50,-€ pro Injektion, lediglich Synvisk (3 Injektionen im Wochenabstand) gibt 6 Mio. Dalton pro Injektion an, Preis für eine Injektion ca. 70,-€.  Alle genannten Präparate sind rechtlich „Medizinprodukte“ und keine Arzneimittel.
Eine Besonderheit stellt „Hyalart“ dar, das keine Angaben zur Molekulardichte macht. Es ist das einzige Arzneimittel und deshalb auch das einzige Präparat, das Beihilfepatienten erstattet wird. Auch hier werden 5 Injektionen im Wochenabstand gegeben, die je etwa 50,-€ kosten. 

Zu allen genannten Preisen addieren sich die Kosten der Behandlung (Injektionen, Ultraschall, wenn nötig etc.), die nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet werden.
H Behandlung wird von den Privatkassen übernommen, von den gesetzlichen Krankenkassen nicht.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Behandlung mit 5 H im Wochenabstand den größten Erfolg verzeichnet. Sicher auch, weil ich die Injektionen mit „Hausaufgaben“ verbinde und die Behandlung nur beginne, wenn sichergestellt ist, dass der Patient im gesamten Behandlungszeitraum täglich auf einem Fahrrad oder Trimmrad sein Knie 30 Minuten bewegt, um das Medikament in den Knorpel einzumassieren.

Sie sollten wissen, dass Ärzte H direkt vom Hersteller einkaufen können und bei entsprechenden Mengen große Rabatte erhalten, die sie, gesetzlich verpflichtet, an die Patienten weiterreichen müssen. Auch der kleinste Aufschlag würde bedeuten, dass Gewinn aus Handel erzielt und der Gewinn der gesamten Praxis wäre umsatzsteuerpflichtig!

Wir kaufen 5 H für knapp unter 100,- € ein, sodass sich für GKV Patienten die gesamte Behandlung (Medikament und ärztliche Leistung zusammen) für ein Knie bei etwa 185,- € bewegt.

Es sollte nicht verschwiegen werden, dass der deutsche Igel Monitor Injektionen von H ins Knie als tendenziell negativ bewertet.

https://www.igel-monitor.de/igel-a-z.html?suche=1&tx_rbigel_igelsuche%5Bcontroller%5D=Igel&cHash=33150168f93984b4d56d4f3c8274e96f

Es ist aber ethisch schwierig, Studien doppelblind durchzuführen und Patienten, die eigentlich das Präparat benötigen, nur mit einem Scheinpräparat zu behandeln, um ein wissenschaftlich reines Ergebnis zu erhalten. In 20 Jahren Praxistätigkeit ist der Großteil der behandelten Patienten derart zufrieden, dass sie diese Behandlung in regelmäßigen Abständen (1 oder 2 Jahre) wiederholen.
Ich behandele so mein eigenes Knie, das (geschuldet dem jahrzehntelangen Leistungssport) bereits mehrfach operiert ist.

Es gibt keine Übersichtsarbeit über Hyalart, die Patienten die Wahl erleichtert. Das Geschriebene ist das Ergebnis meiner eigenen Suche in den Medien, Auskünfte der Apotheken, gemischt mit meiner Erfahrung und stellt ausschließlich meine Meinung dar.